Am Anfang einer fotografischen Entwicklung steht oft nur die Beschäftigung mit der Technik. Wenn der Anfänger begriffen hat, dass mit teuren Gräten oder dem Kauf von empfohlenen Kameras und Software auch keine besseren Bilder gemacht werden, dann ist es an der Zeit sich mit den Einstellungen einer Kamera näher zu beschäftigen. Nun rücken zum ersten Mal Blende, Belichtungszeit und ISO-Werte in den Focus der Betrachtung.
Ein hoher ISO-Wert macht Bilder „körnig“ und lässt diese „rauschen“. Die offene Blende erzeugt „Unschärfe“. Ein 12-hunderstel lässt die Bewegung „einfrieren“. Alle diese Aussagen werden in Onlineforen, Blogs, Fotozeitschriften und Herstellerwerbungen mit Akribie aufgesogen. Aber was bedeutet das denn nun genau? Viele Experimente später beginnt die erste Erkenntnis zu wirken. Alle drei Einstellmöglichkeiten wirken aufeinander ein und bestimmen die Belichtung eines Bildes. Nun kommt die große Stunde der „manuellen Einstellungen“. Alle Automatikfunktionen der Kamera werden zum Teufelszeug erklärt. In dieser Phase ist von nun an jedes Bild falsch belichtet.
Die technischen Wirkungen von Kameraeinstellung werden durch die Gesetze von Physik, Optik und Mechanik bestimmt. Irgendwie nimmt alles Einfluss auf alles, denkt sich nun der fortgeschrittene Anfänger. Eine kürzere Belichtungszeit ist bei höherem ISO-Wert möglich, wird jedoch über Bildrauschen erkauft. Eine geschlossene Blende erzeugt eine hohe Tiefenschärfe, zwingt jedoch zu langen Belichtungszeiten. Die Erkenntnis der Nützlichkeit von festen ISO-Werten, Zeit- oder Blendenautomatik setzt sich durch. Die Zeit der falschen Belichtung weicht nun den Bildern mit „Bokeh“, jedes Bild ist nun irgendwie und irgendwo „unscharf“.
In dieser Phase der Entwicklung wächst der Wunsch die gemachten Erfahrungen zur geplanten Bilderzeugung einzusetzen. Jedoch führt alles planen, obwohl es genauso gemacht wurde wie in diesen Foren beschrieben, wieder nur zu unscharfen oder nichts sagenden Bildern. Liegt es an der eingesetzten Kamera, dem Objektiv oder muss nun endlich dieses 200 € teure Stativ beschafft werden? Alle diese Fragen führen immer wieder nur zu der Erkenntnis, dass „die Fotografie eine launische Freundin ist“. Immer wenn du glaubst du hättest alles verstanden, wird dir das eigene Unvermögen vor Augen geführt.
Das fragt sich nun der angehende Fotograf. Für alle die weitermachen führt die Suche nach den guten Bildern nun zu Thema, Motiv und Perspektive. „Am besten keine Einschränkung auf bestimmte Themen, da verbaue ich mir meine Möglichkeiten“ sagt sich der Anfänger. Jedoch verhindert diese Einstellung auch eine klare Sicht darauf was er eigentlich fotografisch will. Das Motiv bestimmt das Bild, die Fähigkeit ein Motiv zu erkennen entscheidet ob sich ein technischer oder ein impulsiver Fotograf entwickelt. Manchen ist es nicht gegeben, wer kein Motiv erkennen kann wird stets ein technischer Fotograf bleiben. Dieser wird sich vielleicht ausschließlich mit Studio-, Produkt-, Portrait- und Aktfotografie beschäftigen. Er wird lernen wie Belichtung gemessen wird, die nötigen Einstellungen getroffen werden um sein erlerntes Muster zu reproduzieren. Er wird strukturiert und planvoll arbeiten und gute Ergebnisse liefern.
Wer sich mit Struktur und Plan nicht wohlfühlt, seine Kamera oft auf Dinge richtet die vor seiner Nase auftauchen, der handelt impulsiv. Für solche Menschen ist die Welt voller Motive. Sie lernen in Motiven zu denken. An das Motiv „anschleichen“ um die beste „Perspektive“ zu finden sorgt von nun an zu amüsanten Begegnungen der verrenkten Art. Die Zeit der Tele- und Makroaufnahmen, schlafenden Babys, HDR-Bildern, Blumen- und Insektenbildern ist angebrochen. Technisch gut belichtet und mit interessanten Betrachtungswinkeln gelingt mitunter ein beeindruckendes Bild.
Was unterscheidet Franz Josef Mone von Vincent van Gogh, oder Paul Klee von Gustav Klimt? Es ist ihre „Bildsprache“ diese macht sie einzigartig. Um sich nicht in den unendlichen Möglichkeiten der Fotografie zu verlieren muss auch jeder Fotograf seine eigene Bildsprache finden. Diese entwickelt sich oft aus Neigungen, Geschmack und kreativen Vorlieben. Ist die Bildsprache gefunden hat sich ein neuer Fotograf entwickelt.
Wer den Sprung zur eigenen Bildsprache nicht schafft wird früher oder später die Fotografie frustriert sein lassen. Wer dies erreicht hat entscheidet sich früher oder später ob er künstlerisch oder kommerziell fotografieren will. Das eine schließt das andere nicht aus, bestimmt jedoch oft die Zielrichtung des fotografischen Handelns. Kunst macht arm, Kommerz ist arm an Kunst, das ist auch ein Gegensatz.
Wer sich in dieser Phase seiner Entwicklung ausschließlich auf den Kommerz konzentriert läuft Gefahr das Webseitenoptimierung, Amazonlinks und E-Bookverkauf alle Kreativität erdrückt. Die Zeit der Teilnahme an absurden Fotowettbewerben, Pseudovorträgen und der stetigen Versicherung nur aus Kostengründen Geschäfte zu machen beginnt.
Ich hoffe die Erzählungen zur fotografischen Entwicklung haben euch zum Schmunzeln gebracht. In meinem nächsten Blog möchte ich euch das Licht näher bringen. Euer M. Volz.